Ortszeit
Ortszeit
Ursprünglich war die Angabe der Tageszeit direkt an die Sonne gebunden. Der Sonnenhöchststand entsprach 12 Uhr mittags, so dass jeder Ort, der sich auf einem anderen Längengrad befand, eine andere Tageszeit hatte.
Zum Beispiel gab es kurz nach 1780 in Dresden einen frühen ‚Zeitdienst‘. Im Observatorium des Physikalischen Kabinetts im Zwinger wurde der Sonnenhöchststand durch ein Passagefernrohr ermittelt. Anschließend wurde durch einen berittenen Boten mit Hilfe einer Taschenuhr die genaue Zeit an die umliegenden Rathäuser und Kirchen weiter gegeben.
Bildquelle: https://berufe-dieser-welt.de/postreiter/
Da die Sonne aber scheinbar mal langsamer und mal schneller über den Himmel wandert, entspricht eine gleichmäßig gehende Uhr nicht dieser Ortszeit. Da man bei der Ganggenauigkeit der damaligen Uhren die Uhrzeit sowieso korrigieren musste, spielte dies zunächst aber keine Rolle.
Erst als man durch das Reisen mit der Eisenbahn schneller vorankam, musste man eine Regelung finden. Zunächst galt, dass jeder Zug die Uhrzeit hatte, die dem ursprünglichen Abfahrtsort entsprach. Als sich zunehmend Eisenbahnlinien kreuzten, musste man aber etwas gegen das Zeitenwirrwarr unternehmen.
Der folgende Filmausschnitt ist aus „Der Stoff, aus dem der Kosmos ist - DVD 1 - Die Illusion der Zeit“ (2011) von Brian Greene. Veröffentlicht bei daylimotion:
https://www.dailymotion.com/video/x1lzy1p
Während die Eisenbahnen zunächst die Ortszeit der Hauptorte verwendeten (Preußen und Elsaß-Lothringen – Berlin, Bayern – München, Hessen – Frankfurt), beschloss man 1891, die mittlere Ortszeit des 15. Längengrads als Eisenbahnzeit zu nutzen. Dies entspricht der heutigen mitteleuropäischen Zeit (MEZ), die am 1. April 1893 gesetzlich für das gesamte Deutsche Reich festgelegt wurde.
Damit steht die Sonne um 12 Uhr MEZ in Görlitz an der deutsch-polnischen Grenze im Zenit, am Ort des Saarländischen Uhrenmuseums erst um 12:33 Uhr.
Allerdings gibt es Abweichungen – s. nächste Seite:
Zeitgleichung 1
Die Erde dreht sich um sich selbst.
Dies zeigt sich für uns als eine scheinbare Bewegung aller Himmelskörper von Ost nach West.
Die Erde wandert im Lauf des Jahres einmal um die Sonne.
Dies zeigt sich für uns als scheinbares Zurückbleiben der Sonne gegenüber dem Fixsternhimmel als Hintergrund. Durch dieses scheinbare Zurückbleiben vollführt sie selbst innerhalb eines Jahres einen ganzen Umlauf entlang des Fixsternhimmels auf der stets gleichen Sonnenbahn (Ekliptik).
Die Erdachse ist zur Erdbahnachse um 23,5° geneigt.
Dies zeigt sich für uns als eine Neigung der Sonnenbahn um diesen Winkel (Schiefe der Ekliptik). Dadurch steht die Sonne am 21. Juni um 23,5° höher und am 21. Dezember um 23.5° tiefer als um dieselbe Uhrzeit am 20. März oder am 23. September. Daraus ergeben sich für uns die Jahreszeiten.
Zeitgleichung 2
Die Erde bewegt sich nicht auf einer Kreisbahn mit gleichbleibender Geschwindigkeit, sondern auf einer Ellipsenbahn mit ungleichförmiger Geschwindigkeit um die Sonne.
Dies zeigt sich für uns dadurch, dass die Sonne manchmal schneller und manchmal langsamer wandert. Im Verlauf von genau einem Jahr sind diese Schwankungen wieder ausgeglichen. An den dazwischen liegenden Tagen aber läuft die wahre Sonne einer gedachten Sonne, die mit gleichbleibender mittlerer Geschwindigkeit wandern würde, entweder voraus oder hinterher.
Grafik: CC-Lizenz Wikipedia
Analemma
Ermittelt man jeden Tag zur gleichen Zeit den Stand der Sonne, ergibt sich aus der Zeitgleichung, dass die Sonne scheinbar mal gegenüber der Erde zurückbleibt oder vorauseilt. Es gibt vier Tage an denen die Ortszeit bei 15 ° östlicher Länge mit der MEZ übereinstimmt.
Beispiel: Das Foto wurde ca. am 8. Längengrad und 50. Breitengrad in Deutschland aufgenommen. Ermittelt man alle 7 Tage jeweils um 9 Uhr den Sonnenstand (weiße Punkte), so ergibt sich eine scheinbare Sonnenbahn, das Analemma.
Fotomontage: CC-Lizenz Wikipedia